07.03.2019
Neue Hürden für Verfall von Urlaub
Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer an den Urlaubsanspruch zu erinnern
Sachverhalt und Fragestellung
In letzter Zeit gab es im Urlaubsrecht einige Modifikationen und teilweise auch überraschende Auslegungen des Gesetzestextes. Zudem ist die europäische Richtlinie 2003/88/EG zu beachten, was es nicht einfacher macht. In dem jetzt vom BAG zu entscheidenden Fall (Urteil vom 19.02.1019, Az 9 AZR 541/15) setzte das BAG die Vorgaben aus dem Urteil des EuGH vom 6.11.2018 (C 684/16) ins deutsche Recht um.
Der Beklagte beschäftigte den Kläger von 2001 bis 2013. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Kläger, den von ihm nicht genommenen Urlaub abzugelten (51 Tage, Wert ca. EUR 11.000). Einen Antrag auf Gewährung dieses Urlaubs hatte er während des Arbeitsverhältnisses nicht gestellt.
Es war zu entscheiden, ob der Urlaub nach § 7 BUrlG verfallen ist oder nicht. Nach § 7 Abs. 3 BUrlG ist Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und zu nehmen. Eine Übertragung auf das nächste Jahr ist nur in engen Grenzen und in den ersten drei Monaten des Folgejahres zulässig. Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist nicht genommener Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann.
Entscheidung
Das BAG stellt klar, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres verfällt, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Ob und wie diese Belehrung tatsächlich stattfand, soll nun nach Zurückweisung das LAG klären. Wie die Belehrung stattzufinden hat, ließ das BAG aber offen.
Bewertung
In der Sache bedeutet die Auslegung durch das BAG eine erhebliche Verschärfung des Urlaubsrecht zu Lasten des Arbeitgebers. Eine generelle Aufforderung zur Urlaubsplanung am Anfang des Kalenderjahres wird nicht (mehr) reichen. Der Arbeitgeber muss im Laufe des Kalenderjahres die Beschäftigten konkret auf die noch offenen Urlaubstage und den drohenden Verfall aufmerksam machen. Ob dies in einer allgemein gehaltenen Aufforderung oder in einem individuell formulierten Schreiben erfolgen muss, ist dagegen noch ungeklärt. Die besseren Argumente sprechen jedoch dafür, dass eine allgemein gehaltene, aber auch deutliche Aufforderung ausreichend sein dürfte.
Da Urlaubsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG mitbestimmungspflichtig sind, müssen auch Betriebsvereinbarungen ggf. angepasst werden. Und natürlich ist die neue Rechtsprechung auch an dieser Stelle umzusetzen. Hier könnte beispielsweise eine Nachricht an die Beschäftigten im Spätsommer über den noch offenen Urlaubsanspruch und Aufforderung, diesen zu nehmen, verankert werden.
Dr. Konrad Maria Weber, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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konrad.weber@es-law.de
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