07.02.2025
Fristgerechte Zustellung an die Arbeitnehmervertretung
Das OVG Bremen (06.11.2024 – 5 LP 213/24) stärkt in diesem „Klassiker“ die Arbeitgeberrechte
Sachverhalt
Die Dienststellenleitung eines Jobcenters beantragte beim Personalrat die Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme (Übertragung geringer bewerteter Tätigkeit und Rückgruppierung) nach dem BPersVG. Der Antrag ging um 17:52 Uhr im E-Mail-Postfach des Personalrates ein. Erst 14 Tage später verweigerte dieser seine Zustimmung. Die Dienststellenleitung setzte die Maßnahme dennoch um und berief sich darauf, die Zustimmung zu den Maßnahmen gelte als erteilt, da der Personalrat nicht binnen der gesetzlichen Frist von 10 Arbeitstagen nach Zugang widersprochen habe. Vor dem OVG beantragte der Personalrat festzustellen, dass ein wochentags zwischen 16:00 und 19:00 Uhr im E-Mail-Postfach eingegangener Antrag erst am nächsten Tag zugeht.
Einordnung und Inhalt der Entscheidung
Nach § 70 Abs. 1 BPersVG bedarf eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme der Zustimmung des Personalrates. Die Maßnahme gilt grds. als gebilligt, wenn der Personalrat die Zustimmung nicht binnen einer Frist von 10 Arbeitstagen verweigert (§ 70 Abs. 3 S. 1, 4 BPersVG). Eine solche Zustimmungsfiktion, allerdings mit abweichender Frist, findet sich auch in § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG. Erst zum Zeitpunkt des Zugangs beim Personal- bzw. Betriebsrat beginnen die Äußerungsfristen zu laufen; der Zugang stellt damit den Ausgangspunkt der Fristberechnung dar.
Das OVG stellt klar, dass es für den Zugang darauf ankomme, wann der Antrag so in den Bereich des Personalratsvorsitzenden gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Dies erfolge noch am selben Tag, wenn die E-Mail innerhalb der üblichen Dienstzeiten im Postfach des Personalrats eingeht. Bei Eingang nach Dienstende, gehe der Antrag erst am folgenden Tag zu. Hierbei komme es nach dem OVG auf die üblichen Dienstzeiten in der jeweiligen Dienststelle an. Die Zeit zwischen 16:00 und 19:00 Uhr an Wochentagen entspreche der üblichen Dienstzeit in dem Jobcenter. Diese sei mit der dort geltenden Rahmenarbeitszeit gleichzusetzen, weil es keine andere Arbeitszeitregelung gebe. Der Einwand, der Personalrat gestalte seine Arbeitszeit anders, sei unerheblich, da es aus Gründen der Rechtssicherheit nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers ankomme. Daher sei auch irrelevant, ab wann in der Dienststelle „kaum noch jemand anzutreffen ist“.
Bewertung
Die Entscheidung ist für alle Arbeitnehmervertretungen (auch Betriebsrat) relevant. Auch wenn man Fristen nicht zwingend ausreizen sollte, so kann es doch im Einzelfall helfen, auf die betriebsüblichen Dienstzeiten abzustellen.
Denkt man die Entscheidung des OVG zu Ende, könnte in einem 24h-Krankenhausbetrieb auch eine Zustellung noch um 23:59 Uhr als am gleichen Tag zugegangen gelten. Natürlich ist es nicht sicher, dass die Arbeitsgerichte diese Position übernehmen. Zugleich ist es ein Argument, sollte einmal ein Antrag an den Betriebsrat besonders knapp gestellt worden sein.
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Jan-Hendrik Schultz
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