26.07.2023
Scheinselbstständigkeit auch mit Kapitalgesellschaft
Nach dem BSG (20.07.2023) ist eine Einmann-GmbH keine Lösung
Hintergrund
Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen leiden unter akutem Personalmangel. Personallücken sind früher durch Honorarkräfte ausgefüllt worden. Seit dem Urteil des BSG vom 04.06.2019 sind Honorarärzte in der Regel sozialversicherungspflichtig abhängig beschäftigt. Ausnahmen gibt es nur für Konsiliarärzte (wobei die wenigsten Ärzte tatsächlich Konsiliarärzte sind). Und seit dem Urteil des BSG vom 07.06.2019 sind Pflegekräfte immer sozialversicherungspflichtig abhängig beschäftigt.
Eine selbstständige Tätigkeit ist nach den beiden Urteilen des BSG im Jahr 2019 in der Praxis ausgeschlossen. Die Personallücken bestehen in den Häusern aber weiter. In diese stießen Zeitarbeitsfirmen. Ärzte und Pflegekräfte werden seit den beiden Urteilen des BSG verstärkt im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung als Leiharbeitskräfte tätig.
Manche wollten aber bewusst keine Anstellung bei einer Zeitarbeitsfirma eingehen, sondern weiterhin selbstständig tätig werden. Deshalb gründeten sie eine Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH). Der Vertrag zum Einsatz des Arztes oder der Pflegekraft wurde dann zwischen Krankenhaus und der Gesellschaft geschlossen. Ziel dieser Gestaltung war, dass aufgrund eines anderen Vertragspartners keine abhängige Beschäftigung des Arztes oder der Pflegekraft festgestellt werden kann – denn mit dieser natürlichen Person bestand gar kein Vertragsverhältnis.
Sachverhalt und Entscheidung
Eine solche Gestaltung lag dem BSG im Urteil vom 20.07.2023 (Az B 12 BA 1/23 R, B 12 R 15/21 R und B 12 BA 4/22 R) zur Entscheidung vor.
Nach dem BSG sind weiterhin die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Der Umstand, wer den Vertrag abgeschlossen hat, ist nur einer von vielen. Handelt es sich um eine sog. Einmann-GmbH (Gesellschafter und Geschäftsführer sind personenidentisch, Dritte sind nicht beteiligt), kann aus dem Geschäftsinhalt unproblematisch geschlossen werden, dass die Gesamtumstände für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
Das BSG nahm in allein drei Verfahren eine abhängige Beschäftigung an.
Bewertung
Die Gründung einer Einmann-GmbH ist als klare Umgehung enttarnt worden. Es nützt auch nichts, mit geringen Prozenten einen nahen Angehörigen zu beteiligen. Es bleibt eine Umgehung. Und selbst wenn aus sozialrechtlicher Sicht der Vertrag mit der Gesellschaft akzeptiert wird, hilft das nicht weiter. Denn dann kommt eine Arbeitnehmerüberlassung in Betracht, die ebenfalls in die Sozialversicherungspflicht führt.
Neben der Arbeitnehmerüberlassung gibt es aber auch Vertragsgestaltungen direkt mit den Ärzten oder Pflegekräften, die einerseits die Flexibilität wie bei Honorarkräften gewähren, andererseits eine sozialversicherungsrechtlich korrekte Umsetzung garantieren. Wir haben an dieser Stelle bereits einige Verträge gestaltet, die bislang bei jeder Betriebsprüfung akzeptiert worden sind.
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Dr. Konrad Maria Weber
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