17.01.2024
Die kostenlose Bereitstellung der Patientenaktenkopie
Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26.10.2023 – Az. C-307/22
Der EuGH entschied am 26.10.2023, dass ein Patient auch dann Anspruch auf kostenfreie Bereitstellung einer Kopie seiner Patientenakte gem. Art. 12 Abs. 5, 15 Abs. 1 u. 3, § 23 Abs. 1 i) DSGVO hat, wenn nationale Vorschriften, die vor Inkrafttreten der DSGVO bereits bestanden, dem Verantwortlichen gestatten, eine Gebühr für die Kopie zu verlangen.
Sachverhalt
Ein Patient vermutete, dass seine zahnärztliche Behandlung fehlerhaft erfolgt war und forderte den Zahnarzt zur kostenfreien Herausgabe der ersten Kopie seiner Patientenakte auf. Der Zahnarzt wollte dem nur nachkommen, wenn der Patient entsprechend den nationalen Vorschriften (§ 630g Abs. 2 BGB) die Kosten für die Bereitstellung übernimmt. Daraufhin klagte der Patient gegen den Zahnarzt. In I. Instanz gab das Gericht dem Patienten Recht und sprach diesem das Recht auf unentgeltliche Herausgabe einer ersten Kopie der Patientenakte zu. Im Revisionsverfahren legte der BGH die Frage der Auslegung von Bestimmungen der DSGVO gegenüber nationalen Vorschriften dem EuGH vor.
Inhalt der Entscheidung
Gemäß dem EuGH sei der datenschutzrechtliche Anspruch aus Art. 12 Abs. 5, 15 Abs. 1 u. 3 DSGVO dahingehend auszulegen, dass die Verpflichtung des Verantwortlichen zur Bereitstellung einer kostenfreien Kopie auch dann bestehe, wenn der Antrag mit anderen Gründen als solchen i. S. v. Satz 1 des Erwägungsgrundes 63 DSGVO begründet wird. Anders sei dies nur, wenn die Geltendmachung des Anspruchs offenkundig unbegründet oder exzessiv ist. Der Auskunftsantrag müsse nicht einmal begründet werden, und Satz 2 des Erwägungsgrundes 63 DSGVO nenne auch ausdrücklich Daten in Patientenakten.
Nationale Regelungen, die vor dem Inkrafttreten der DSGVO erlassen wurden, können zwar in den Anwendungsbereich einer Bestimmung der DSGVO (insbesondere Art. 23 Abs. 1 i) DSGVO) eingreifen. Dies bedeute jedoch nicht, dass eine nationale Regelung zum Schutze der wirtschaftlichen Interessen des Verantwortlichen erlassen werden könne, die die Kosten der Person auferlegt, der die personenbezogenen Daten zuzuordnen sind. Zwar könnte das Auskunftsrecht beschränkt werden. Dies gelte jedoch nicht allgemein und nur unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der beabsichtigte Schutz wirtschaftlicher Interessen des Verantwortlichen genüge in einem solchen Sachverhalt nicht.
Zum erforderlichen Inhalt führte das Gericht aus, dass dem Patienten eine originalgetreue und verständliche Reproduktion der Behandlungsdaten zur Verfügung zu stellen sei. Es müssten alle Dokumente enthalten sein, die es der betroffenen Person ermöglichen, die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Daten zu überprüfen. Dies umfasst insbes. diejenigen Gesundheitsdaten, die es dem Patienten ermöglichen, Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde und weitere maßgebliche Angaben der behandelnden Ärzte zu erfolgten Behandlungen und Eingriffen zu prüfen.
Bewertung und Ausblick
Das Urteil des EuGH gibt unmissverständlich wieder, dass Patienten Anspruch auf eine kostenfreie (erste) Kopie ihrer Behandlungsakte haben. Etwas anderes kann nur bei offensichtlich rechtsmissbräuchlichem oder exzessivem Antrag gelten, wobei für diese Einschätzung Zurückhaltung geboten ist.
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Patrick Weik
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